Allem zum Trotz gilt es auch im März 2022 einen Whisky des Monats zu küren. Doch halt! Wir sollten hier ganz genau sein. Das Ergebnis unserer Suche nach einer Abfüllung mit überzeugender Qualität, attraktivem Preis und hohen Verfügbarkeit ist in diesem Monat kein Whisky. Sondern ein Whiskey. Noch genauer: Ein Single Pot Still Irish Whiskey. Denn im März 2022 empfehlen wir den Green Spot.
Zahlen lügen bekanntlich ja nie
Die Zahlen sind eindeutig. Im März 2013 kürten wir unseren ersten Whisky des Monats, dem dann noch 106 weitere folgten. Ganze 12 mal (knapp 11%) fanden unsere Empfehlung außerhalb Schottlands. Einmal in Deutschland, Schweden kommt auch einmal vor ebenso wie Indien und England (ca. 0,9 %), In den USA wurden wir zweimal fündig (ca. 1,8 %), und jeweils dreimal empfahlen wir Bottlings aus Japan und Irland. Da sind 2,8 Prozent. Nur 2,8 Prozent fielen auf das Land, in dem Whisk(e)y quasi erfunden wurde!? Da sieht etwas dürftig aus, und das können wir so nicht stehen lassen. Und rechnen natürlich noch einmal nach.
Vielleicht fassen wir den zu betrachtenden Zeitraum auch einfach zu weit. Wir nehmen also jetzt nur so in etwa die letzten 3 Jahre, sagen wir mal seit Januar 2019. Denn da sieht es schon deutlich besser aus. In dieser Zeit kürten wir 37mal einen Whisky des Monats, und siehe da: Zweimal empfahlen wir eine Abfüllung von der grünen Insel. Und so schafft der Irish Whiskey dann auch immerhin noch so gerade den Sprung über die 5-Prozent-Hürde!
Doch, so ehrlich müssen wir da sein: Zufrieden stellen kann uns das nicht, und es wird auch dem Irish Whiskey nicht gerecht. Das sollten wir deshalb ändern, und haben es auch geändert. Bei den Whiskys des Monats im Jahr 2022 berücksichtigen wir zu einem Drittel (33,3 %) Abfüllungen aus Irland. Wir finden, so sieht es deutlich besser aus, dieses Ergebnis gefällt uns und hören deshalb an dieser Stelle auch auf mit der Rechnerei.
Endlich wieder Irland!
Da passt es uns doch ganz hervorragend zu diesem Vorhaben, dass in diesem Monat zwei ganz besondere Feierlichkeiten mit einem Irland-Bezug stattfinden. Zum einen ist dies natürlich der Saint Patrick’s Day. Am 17. März wird auf der ganzen Welt dem irischen Bischof Patrick gedacht. Dieser lebte im 5. Jahrhundert und gilt als erster christlicher Missionar in Irland. An den großen Paraden, Festen und Partys nehmen weltweit Millionen Iren, irische Migranten, Irisch-Stämmige sowie nicht-irische Freunde des Irischen und Irlands teil. In den letzten zwei Jahren waren die Feiern zum Saint Patrick’s Day, man muss fast ’natürlich‘ sagen, von den Maßnahmen gegen die covid-19-Pandemie äußerst stark eingeschränkt. Und ob wir in diesem Jahr ein intensiveres Feiern möglich sein wird, müssen wir uns erst einmal anschauen.
Zum anderen begeht Mitchell & Son in diesem Jahr ein besonderes Firmenjubiläum. Vor mittlerweile 135 Jahren erweiterte William Mitchell seine Bäckerei und Konditorei in der Grafton Street in Dublin. Hinzu kam ihr Wein- und Spirituosenhandel in der nahe gelegenen Kildare Street. Ihre leeren Wein-, Sherry- und Portweinfässer aus dem Handel transportierte Mitchell & Son zur örtlichen Jameson Distillery in der Bow Street, ließ diese dort befüllen und Mitchell & Son wurde ein Irish Whiskey Bonder. Danach lagerten die Mitchells diese vollen Fässer dann in ihren Kellern unter der Fitzwilliam Lane. Dort reiften ihre Whiskeys, und die Fässer erhielten farbige Punkten.
Farblehre für Fortgeschrittene
Mit Farbklecksen oder Pinseltupfer auf dem Fassdeckel zeigte an, wie lange der Whiskey aus der Jameson Distillery bei Mitchell & Son reifen soll. Blau für 7 Jahre, Grün für 10 Jahre, Gelb für 12 Jahre und Rot für 15 Jahre – so war die Lehre der Farben. Doch vieles änderte sich – auf der Welt, in Irland und in Dublin. Die Jameson Distillery in der Bow Street schloss 1971, die Produktion fand nun in der neuen Brennerei in die New Midleton Distillery. Bereits zuvor stellte die Jameson Distillery die Abgabe ihres Whiskeys an Bonder ein. Und bei Mitchell & Son schwanden deshalb so langsam die Vorräte für ihre Spot Whiskeys. Mit, nennen wir es mal ‚Verhandlungsgeschick‘, erhielt Mitchell & Son auch Zugriff auf den Whiskey aus der Brennerei in Middleton. Dieser lagerte nun jedoch dort und nicht mehr in Dublin, Mitchell & Son erhielten allerdings „die alleinigen Rechte zur Vermarktung, zum Verkauf und zur Entwicklung des Whiskeys“, wie es auf der englischsprachigen Wikipedia-Seite zu Green Spot heißt.
Nur noch Green Spot
Der langsame und stetige Rückgang der Nachfrage nach Irish Whiskey, der bereits in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg begann, traf natürlich auch Mitchell & Son. Im Portfolio des Bonder gab es mittlerweile auch nur noch den Irish Whiskey mit dem grünen Punkt. Allerdings gab es beim Green Spot über die Zeit auch Veränderungen und Anpassungen. Die Altersangabe ist verschwunden, Etikettentrinker finden jedoch die für sie so wichtigen Angaben auf der Website von Mitchell & Son. Auch das damalige schlichte und zur Zeit passende Design musste sich ändern. Deutlich zentral auf dem Label ist nun der grüne Punkt zu sehen.
Green Spot, der Irish Pot Still Whiskey (eine Maische aus gemälzter sowie und ungemälzter Gerste wird in Pot Stills dreifach destilliert), reift in einer Kombination aus First Fill und Refill Bourbon Casks sowie in Sherry Fässer und bietet einen hervorragenden Trinkgenuss. Abgefüllt mit 40 & Vol., findet sich zu keiner Zeit ein störende alkoholische Note. Bereits in der Nase präsentiert sich der Green Spot äußerst ausbalanciert. Die feinen fruchtigen Noten erinnern an Ananas, allerdings ohne eine normalerweise dazu gehörende Säure, sowie ein wenig an Mandarine. Dazu vernehmen wir den Einfluss der Bourbon-Fässer: Ein Hauch von Vanille und ein Spur holzige Würzigkeit. Die feine Komposition der Nase findet am Gaumen eine Fortsetzung. Samtig weich, geht die Fruchtigkeit in eine deutlichere Würzigkeit über. Doch auch hier alles ausbalanciert und komplex. Der bisher insgesamt sehr runde Eindruck ändert sich auch nicht beim Finish, das wir allerdings nicht mit so einer Deutlichkeit und Länge erwartet haben. Insgesamt bietet der Green Spot einen samtig-weichen Trinkgenuss, ohne in eine Langeweile oder gar Belanglosigkeit abzugleiten. Er besticht durch Präzision bei den Aromen, und die feine Justierung sorgt deutliche Noten, ohne laut zu werden.
Green Spot ist eine limitierte Abfüllung. Pro Jahr werden wohl knapp über 20.000 Flaschen abgefüllt. Hierzu sind in unterschiedlichen Quellen leicht unterschiedliche Angaben zu finden. Preislich bewegen wir uns innerhalb unseres selbst gesetzten Rahmens, der Green Spot ist für knapp über 40 € im Handel erhältlich.
In den letzten Jahren konnte der Green Spot wieder einige weitere Spot Whiskeys neben sich begrüßen. Seit 2012 gibt es wieder einen Yellow Spot (unser Whiskey des Monats im Januar 2014). Auch der Red Spot erschien 2018 nach über 50 Jahren wieder im Portfolio. Zwei Jahr später erweitetern Mitchell & Son ihre Spot-Reihe um den Blue Spot. Und für diese Jahr, zu ihrem 135. Jubiläum als Bonder, erwarten wir noch den Gold Spot. In diesem Sinne: slàinte mhath! Und bleiben Sie neugierig.